Zum ersten Mal haben wir in einem zweitägigen Workshop unsere beiden Themen verknüpft: Einfache Sprache und Schutzkonzept nach dem SGB IX, Paragraf 37a. Die Veranstaltung zur beruflichen Fortbildung mit der DiAkademie Brandenburg-Berlin fand online statt. Wenn Einfache Sprache einen praktischen Bezug hat, ist die Motivation, sich mit dem komplexen Thema zu beschäftigen, tatsächlich größer.
Unsere Botschaft ist angekommen: Ein praxisnahes Gewaltschutz-Konzept funktioniert nur, wenn es verständlich geschrieben ist.
Mitarbeitende mit geringen Deutsch-Kenntnissen benötigen Einfache Sprache
Davon profitieren nicht nur Mitarbeitende, sondern ebenso Menschen in den Wohneinrichtungen und Werkstätten, die oftmals gar nicht so schlecht lesen, wie ihr Ruf ist. Hilfreich ist, sich beim Schreiben der Texte für das Gewaltschutz-Konzept an den Regeln der Einfachen Sprache zu orientieren, für die eine DIN in Arbeit ist.
Besonders gut kommt das Argument an, dass in den Einrichtungen der Behindertenhilfe immer mehr Mitarbeitende beschäftigt sind, die nicht Deutsch als Muttersprache habe. Auch mit im Aufbau befindlichen Deutsch-Kenntnissen muss es Mitarbeitenden möglich sein, ein Gewaltschutzkonzept zu lesen und zu verstehen.
Viele Schutzkonzepte sind einer Fachsprache verfasst. Damit ist eine gesetzgeberische Pflicht erfüllt. Das Sozialgesetzbuch IX, Artikel 37a macht keinerlei Vorgaben, was in einem Schutzkonzept zu stehen hat. Doch so besteht die Gefahr, dass die Autor*innen alles hineinschreiben, was zu dem Thema passen könnte. Denn schließlich müssen die Konzepte einer übergeordneten Prüfbehörde vorgelegt werden.
Einfache Sprache ist kein Muss – aber hilfreich für Schutzkonzepte
Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Manche Bundesländer unterstützen die Produktion eines Schutzkonzeptes finanziell. Unser Bundesland allerdings nicht. In Baden-Württemberg hat der Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin auch keinen vom Land vorgegebenen Kriterien-Katalog zur Hand, nach dem er/sie ein Schutz-Konzept beurteilen muss. Somit kann die Behörde nach eigenem Gutdünken den Inhalt eines Gewaltschutz-Konzeptes beeinflussen.
Verständlichkeit ist leider keine Anforderung des Gesetzgebers. Das ist schade, denn erst die Einfache Sprache macht ein Schutzkonzept praxistauglich. Eventuell nahmen die Autor*innen des neuen Paragrafen 37a im SGB IX im Bundessozialministerium an, dass Verständlichkeit ein natürliches Anliegen ist. Doch der Drang, jeden Aspekt der Prävention hineinzupacken, um den Behörden-Stempel zu bekommen, bläht das Dokument auf. Solche umfangreichen Dokumente sind in der Umsetzung wenig praktikabel. Man müsste sie schon auswendig lernen, um die Inhalte im Bedarfsfall im Kopf zu haben.
Zur Einfachen Sprache gehört das schnelle Finden von Infos
Wir dagegen bieten ein übersichtliches Konzept an, in dem man schnell die gesuchten Stellen findet. Damit erfüllen wir eine Anforderung der DIN ISO 24495-1 Plain Language/Einfache Sprache: Zur Verständlichkeit gehört, dass Texte gut zu finden sind und die Erwartung des Lesenden an den Inhalt erfüllt wird. Das ist ein Baustein unserer Kurse zur Fortbildung Schutzkonzepte in Einfacher Sprache
Sätze kurz zu halten und Fachbegriffe zu vermeiden, reicht nicht, um die Norm zu erfüllen. Nicht suchen müssen, sondern sofort finden können, lautet die Aufgabe für die Verantwortlichen eines Schutzkonzepts. Vorworte und Einleitungen erleichtern den Einstieg in den eigentlichen Text nicht. Meistens jedenfalls. Mitarbeitende nehmen ein Gewaltschutz nicht in die Hand, um das Vorwort zu studieren, sondern um eine Information nachzuschlagen. Das sollte barrierefrei passieren.
Akademiker*innen-Sprache, kleine Schrift, breite Textspalten sind nicht lesefreundlich!
Viele existierende Schutzkonzepte erfüllen diese Anforderung nicht. Diese sind in einer Akademiker-Sprache geschrieben, die Schrift ist klein, die Textspalte breit. Ein Beispiel ist das Schutzkonzept der Caritas Regensburg:
Die Broschüre ist sehr schön gestaltet. Inhaltlich ist alles vorhanden, was für ein Schutzkonzept an Informationen benötigt wird. Dennoch ist sie aus unserer Sicht wenig hilfreich. Man muss schon sehr konzentriert lesen und eine Menge Fachbegriffe verstehen.
Susanne Hasel und Uwe Roth bieten ihre Kurse zur Fortbildung Schutzkonzepte in Einfacher Sprache sowohl in Präsenz als auch online an. Die Kombination der beiden Themen erleichtert den Zugang zur Einfachen Sprache. Die Kurteilnehmenden erkennen sofort den Nutzen, weil sie die Einfache Sprache für ein Thema anwenden können, an dem berufliches Interesse besteht.
Schreiben Sie uns:
susanne.hasel@koerperbild-akademie.de (www.koerperbild-akademie.de)
uwe.roth@leichtgesagt.eu (siehe auch: www.din-einfache-sprache.de)
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